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Bereits vor der Revolutionszeit schreiben die Paragrafen 110 und 111 des Edikts von Villiers-Cotterêts die Verwendung des Französischen in der Rechtssprache vor, was eine Zurückdrängung des Lateinischen sowie von Dialekten und Regionalsprachen zur Folge hat (vgl. Perrot 1997, 58).
Einen entscheidenden Schritt in der französischen Sprachpolitik stellt die Gründung der Académie Française im Jahr 1634 dar. Ihre Aufgabe ist die Förderung und Vereinheitlichung des Französischen. Diese Tendenz wird von den Revolutionären von 1789 fortgeführt.
Obgleich der Leitgedanke 'une nation, une langue' postulierte, dass die nationale Einheit durch eine gemeinsame Sprache erreicht werden sollte, führte die Französische Revolution zu einem signifikanten Anstieg des Übersetzungsaufkommens (vgl. Schreiber, 12.04.2024). Ein entscheidender Wendepunkt war das Dekret vom 14. Januar 1790, welches den Grundstein für die "politique de la traduction des lois" legte (Serna/Gilles 2013, S. 210).
Der vorliegende Vortrag im Rahmen des FJR widmet sich einer handschriftlichen Tabelle fremdsprachiger Korrespondenz, welche von einem der zahlreichen Ausschüsse jener Zeit, dem Comité diplomatique, erstellt wurde. Das Komitee existierte von 1790 bis 1793. Das entsprechende Archivale, auf welches meine Untersuchung basiert, befindet sich in den Archives Nationales in Paris unter der Signatur F/7/4395, Dossier III. Der Fokus meiner Untersuchungen liegt hierbei auf dem übersetzungswissenschaftlichen Gesichtspunkt, so liefert die dem Dokument innewohnende Tabelle Erkenntnisse über die Übersetzung fremdsprachiger Dokumente, welche dem Comité de Sûreté Générale zu einer Nachprüfung vorgelegt wurden.
Ich möchte den rechtlichen Rahmen, die interne Organisation sowie die Arbeitsweise des Comité diplomatique im zweiten Jahr der Französischen Republik (September 1793 bis September 1794) skizzieren. Ziel ist es, den Begriff 'Übersetzung' in diesem politisch-historischen Kontext zu verorten und die politische Brisanz der übersetzten Texte unter lexikalisch-semantischen Gesichtspunkten zu bewerten. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der semantischen Untersuchung der schriftlichen Korrespondenz, die durch eine umfassende Liste der übersetzten Sprachen ergänzt wird.